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HomepageHomepage » Pressemitteilungen » Mitteilung vom 07.06.2021

Stellungnahme der Initiator:innen von „Sachsen fürs Klima“ zum neuen Energie- und Klimaprogramm des Freistaats Sachsen: Viele entscheidende Aussagen für mehr Klimaschutz – für die Pariser Klimaziele reicht es jedoch nicht aus.

Dresden/Leipzig, 07.06.2021

Sachsen hat seit letzter Woche ein über 100-seitiges Energie- und Klimaprogramm (EKP). Die Initiator:innen von „Sachsen fürs Klima“, die am 21. Mai ein Forderungsschreiben und Eiffeltürme an den Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), sowie die Staatsminister Wolfram Günther (B90/Grüne) und Martin Dulig (SPD) überreichten, veröffentlichen eine Stellungnahme und umfangreiche Aufarbeitung des EKPs auf sachsenfuersklima.de/ekp/.

Das neue EKP für Sachsen verfestigt die wichtige Aussage des Koalitionsvertrags von CDU, B90/Grüne und SPD, dass bis 2024 die planerischen und gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, damit Sachsen nach dem Braunkohleausstieg seinen Energiebedarf bilanziell vollständig aus Erneuerbaren Energien decken können soll.[EKP S. 47] Von großer Tragweite ist die Selbstverpflichtung, dass Sachsen sich neben dem großen Schritt, den der Kohleausstieg für Sachsen bedeutet, auch in den anderen Sektoren wie Verkehr, Wärmeversorgung und Landwirtschaft an den nationalen Zielen zur Treibhausgasminderung orientieren wird.[S. 101]

„Das sind für uns starke Aussagen – und es zeigt, dass auch in Sachsen Klimaschutz endlich ernst genommen wird. Daran werden wir die Staatsregierung ab sofort bei jeglichem Handeln messen!“, so Bettina van Suntum von Parents For Future Leipzig. „Mit Zielformulierungen ist jedoch noch kein einziges Gramm Emissionen eingespart. Wichtig ist, dass jetzt umgehend der im EKP verankerte Maßnahmenplan erstellt wird und die Umsetzung endlich Fahrt aufnimmt!“

Positiv werten die Klimaschützer:innen auch, dass das neue EKP ein ganzheitliches Konzept ist, das viele Aspekte einbezieht sowie Klimaschutz und Klimaanpassung zusammendenkt. So ziehen sich durch das ganze Programm eindrückliche Aussagen zu lokalen Klimafolgen und Herausforderungen der Anpassung, z. B. aufgrund von Extremwetterereignissen, Hitze- und Trockenheitsperioden und weitere Gesundheitsgefahren.[S. 62, S. 91]

„Diese klaren Worte dürfen nicht nur auf dem Papier im EKP stehen – sondern müssen durch die Sächsische Staatsregierung konsequent nach außen getragen werden. Wir fordern eine ambitionierte Aufklärungskampagne, mit der die Regierung ihrem eigenen Anspruch nachkommt, die Akzeptanz für Klimaschutz in der Bevölkerung in Sachsen zu erhöhen. Sie sollte die Klimakrise und ihre unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen verständlich aufbereiten und zugleich die Chancen von effektivem Klimaschutz, insbesondere für die sächsische Wirtschaft, darstellen.“, so van Suntum.

Aber obwohl das, was im EKP beschrieben wird, für das Braunkohleland Sachsen einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung markiert, sehen die Klimaschützer sich in der Pflicht, auf weit klaffende Lücken zum Erreichen der völkerrechtsverbindlichen Pariser Klimaziele hinzuweisen. So sagt das Klima-Urteil des Verfassungsgerichts deutlich aus, dass es den Budgetansatz für Emissionen braucht, um die Minderungslasten gerecht zwischen den Generationen zu verteilen – Jahreszahlen oder Prozentangaben reichen nicht aus. Die Klimaschützer:innen zeigen sich schockiert, dass das Wort Budget oder Restemissionsmenge im gesamten Programm nicht vorkommt – auch nicht als zukünftig zu klärender Punkt.

Mitglieder der Scientists 4 Future weisen weiter darauf hin, dass zwischen den im EKP verfestigten Ausbauzielen der Erneuerbaren Energien bis 2030 und dem, was Sachsen anteilig an der deutschlandweiten Energiewende leisten müsste, noch immer eine große Lücke klafft. So wird dem großen Bedarf der Industrie nach grünem Strom nicht Rechnung getragen – mit fatalen Folgen für den Wirtschaftsstandort, warnen die Wissenschaftler:innen. Das zur Ablösung der Braunkohle im Energie- und Klimaprogramm vorgesehen Erdgas als Energieträger[S. 46] lehnen sie ab.

„Erdgas ist keine Übergangstechnologie, da es wegen hoher Transportemissionen einen ebenso hohen ökologischen Fußabdruck wie Braunkohle aufweist. Es ist nicht nur für die Erreichung der Klimaziele ungeeignet – vielmehr riskiert man mit dem Ausbau der Gasinfrastruktur Investruinen. Die Gesellschaft darf am Ende die Zeche bezahlen!“, warnt Wilhelm Stein von Scientists For Future Dresden.

Weiter sind die Klimaengagierten bestürzt, wie unkonkret das EKP in den Zielformulierungen in sehr vielen Bereichen bleibt.

Dass man den ÖPNV und Radverkehr steigern und in den Städten die Anzahl der individuellen PKW senken muss[S. 66], ist von der Erkenntnis her so alt wie das Wort Klimaschutz. Ohne Angaben, wie viel Prozent damit gemeint ist, 5, 40 oder gar 90 Prozent, sind diese Aussagen bedeutungslos.“, warnt Louise Hummel-Schröter von Parents For Future Dresden. „Entsprechend groß sind unsere Vorbehalte gegenüber den Maßnahmen, die ja aus diesen Ziele abgeleitet werden sollen. Hier sind wirklich keine echten Ambitionen erkennbar – in der Verkehrswende wird alles offen gelassen!“

Weiter monieren die Klimaschützer:innen, dass weitere wichtige Themen, die sie in ihrem Forderungsschreiben an die Sächsische Staatsregierung heran getragen hatten, im neuen EKP gänzlich fehlen. Das betrifft unter anderem die Vermeidung klimaschädlicher Vorhaben des Freistaats, wie dem Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle und der A4 oder klimaschädliche Subventionen wie den staatlichen Verzicht auf gesetzliche Abgaben bei der Grundwasserförderung für den Braunkohlebergbau.

Für die Klimaschützer:innen ist nun von entscheidender Bedeutung: Sobald auf nationaler Ebene Maßnahmen und Pläne vorliegen, müssen auf sächsischer Ebene das Gesamtminderungsziel und die Sektorenziele vorgelegt werden.

Die Stellungnahme, sowie die umfangreiche Aufarbeitung sind auf der Seite sachsenfuersklima.de/ekp/ zu finden.

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